Freistellung Teil II – Die häufigsten Fragen zur Freistellung
Die Freistellung ist ein beliebtes Instrument zur Interessenwahrung bei Arbeitgebenden, welches jedoch viele Fragen offen lässt. Erfahren Sie jetzt die Antworten zu den häufigsten Fragen zur Freistellung.
Die wichtigsten Fragen zur Freistellung
Im Falle einer Freistellung verzichtet der Arbeitgebende während der Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist freiwillig auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmenden bei gleichzeitiger Lohnfortzahlungspflicht. Die Freistellung ist gesetzlich nicht geregelt. In Gerichtspraxis und Lehre finden sich jedoch Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Freistellung.
1. Welcher Lohn ist während der Freistellung zu bezahlen?
Während der Freistellung ist der Lohn so zu entrichten, wie wenn der Arbeitnehmende die Arbeitsleistung erbringen würde. Geschuldet ist demnach der gesamte Lohn, welcher neben dem Grundlohn auch variable Bestandteile umfasst. Zum Grundlohn hinzugerechnet werden, müssen etwa Provisionen, Trinkgelder oder Pauschalspesen. Nicht geschuldet sind tätigkeitsabhängige Auslagenspesen. Entgegen dieser Regelung können die Parteien in der Freistellungsvereinbarung den Wegfall variabler Lohnbestandteile vereinbaren.
2. Was ist der Umfang der Freistellung?
In der Praxis verzichten Arbeitgebende regelmässig auf die gesamte Arbeitsleistung des Arbeitnehmenden. Denkbar wäre indes auch, dass die Arbeitspflicht auf bestimmte Tätigkeiten reduziert wird oder sich der Arbeitnehmende auf Abruf bereithalten muss. Es empfiehlt sich, dass die Parteien den Umfang der Freistellung in der Freistellungsvereinbarung regeln.
3. Hat der Arbeitnehmende einen Beschäftigungsanspruch?
Soweit durch die Freistellung keine arbeitsrechtlichen Pflichten verletzt werden, steht es dem Arbeitgebenden grundsätzlich frei vollständig auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmenden zu verzichten. Letzterer hat demnach grundsätzlich keinen Beschäftigungsanspruch. Ein Anspruch auf Beschäftigung wird einzig bei jenen Berufsarten bejaht, die durch Untätigkeit negativ beeinträchtigt würden. Dies ist beispielsweise bei Chirurgen oder Berufssportlern der Fall, da es für ihre Fähigkeiten wichtig ist am Ball zu bleiben.
4. Sind Ferien zu kompensieren?
Zu den geläufigsten Fragen zur Freistellung gehört die Frage, ob ausstehende Ferienansprüche durch die Freistellung kompensiert werden. Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass Ferienguthaben im Falle einer Freistellung durch Kompensation untergehen, wenn die Freistellungsdauer den Ferienanspruch deutlich übersteigt. Diese Regelung gilt auch dann, wenn der Arbeitgebende keine explizite Anweisung zum Bezug der Ferientage während der Freistellungsdauer erteilt. In Ergänzung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat das Arbeitsgericht Zürich ausserdem eine Faustregel aufgestellt, wonach die Freistellungsdauer für eine Kompensation mindestens dreimal so gross wie der ausstehende Ferienanspruch sein muss.
Diese gerichtlichen Regelungen sind allerdings nicht absolut anwendbar, sondern müssen mit Blick auf den Einzelfall geprüft werden. Eine Kompensation ist unter Umständen dann nicht rechtens, wenn die Freistellungsdauer keinen Feriencharakter aufweist. Dies etwa, weil der Arbeitnehmende sich auf Abruf bereithalten muss oder die Freistellungszeit zur Stellensuche benötigt wird. Nichtbezogene Ferientage sind nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist durch den Arbeitgebenden auszuzuahlen.
5. Müssen Überstunden kompensiert werden?
Der Arbeitgebende ist nicht berechtigt einseitig die Kompensation der Überstunden anzuordnen. Damit ausstehende Überstunden durch die Freistellung kompensiert werden, bedarf es deshalb der Zustimmung des Arbeitnehmenden. Soweit keine anderweitige Vereinbarung getroffen wurde, kann der Arbeitnehmende auf die Auszahlung der Überstunden beharren, wobei in der Regel ein Zuschlag von 25 Prozent zu entrichten ist.
6. Dürfen Geschäftsressourcen weiter verwendet werden?
Bei der Freistellung verlangt der Arbeitgebende meist die Rückgabe von Unternehmensressourcen wie etwa dem Geschäftstelefon oder Firmenwagen. Wenn der Arbeitnehmende während der Freistellungszeit keine Arbeitsleistung mehr erbringen muss, ist dieses Vorgehen grundsätzlich zulässig. Zu beachten ist allerdings, dass eine allfällig vereinbarte Privatnutzung unter Umständen als Naturallohn zu qualifizieren ist und deshalb auch für die Dauer der Freistellung weiter geschuldet bleibt. Um Konflikte zu vermeiden, erlauben Arbeitgebende meist die Weiternutzung von Firmenressourcen bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist.
7. Verlängert sich das Arbeitsverhältnis bei Krankheit oder Unfall?
Die arbeitsrechtlichen Sperrfristen auch bei einer Freistellung Anwendung. Folglich kann sich das Arbeitsverhältnis auch während er Freistellungszeit durch Krankheit oder Unfall verlängern. In solchen Fällen hat der Arbeitnehmende den Arbeitgebenden umgehend über die voraussichtliche Dauer der Verhinderung zu informieren, damit dieser die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses berechnen kann. Gesondert zu betrachten ist die Frage, ob die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebenden weiter besteht. Das Arbeitsgericht Zürich hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass der Arbeitnehmende dem Arbeitgebenden seine Arbeitsleistung nach einer Verlängerung der Kündigungsfrist durch eine Sperrfrist erneut anbieten muss, wenn der Lohnanspruch nicht verloren gehen soll. Ohnehin hat der Arbeitgebende unter Umständen die Möglichkeit, die Freistellung zurückzunehmen. In der Praxis sind diese Fragen selten von Bedeutung, da die Lohnfortzahlungspflicht in der Regel durch Taggeldversicherungen abgedeckt wird.
8. Darf während der Freistellung eine andere Stelle angetreten werden?
Für Arbeitnehmende ist eine der wichtigsten Fragen zur Freistellung, ob sie während der Freistellungszeit eine andere Tätigkeit aufnehmen dürfen. Ist der Arbeitnehmende vorbehaltlos freigestellt worden, ist der Antritt einer anderen Stelle noch während laufender Kündigungsfrist grundsätzlich möglich. Zu beachten ist indes, dass sich der Arbeitnehmende zusätzliche Verdienste anrechnen lassen muss. Durch die Aufnahme einer bezahlten Tätigkeit in der Freistellungszeit wird demnach die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebenden reduziert oder entfällt unter Umständen sogar gänzlich. Der Arbeitnehmende muss aufgrund seiner arbeitsrechtlichen Treupflicht den Arbeitgebenden über die aufgenommene Tätigkeit und den anderweitigen Verdienst informieren. Zur Vermeidung von Streitigkeiten empfiehlt es sich die Handhabung von Zusatzverdiensten in der Freistellungsvereinbarung zu regeln. Dem Arbeitgebenden steht es dabei frei, auf die Anrechnung zu verzichten.
Quelle: WEKA: Artikel «Freistellung Schweiz: Kündigungsfrist ohne Arbeit» vom 11. Mai 2021, abgerufen von <https://www.weka.ch/themen/personal/kuendigung-arbeitszeugnis/spezielle-kuendigungsfaelle/article/freistellung-schweiz-kuendigungsfrist-ohne-arbeit/> am 16. September 2021.
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