Verbot des Kapitalbezugs für Unternehmensgründung geplant – STARTUPS.CH ist dagegen!
Der Bundesrat stellte in Bern verschiedene Massnahmen vor, um das System der Sozialversicherung zu optimieren. Der Kapitalbezug für die Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit aus der zweiten Säule soll untersagt werden. Diese Massnahme wäre eine empfindliche Einschränkung für Unternehmensgründer.
Bundesrat Alain Berset will das System der Sozialversicherung in der Schweiz optimieren, wie er an einer Pressekonferenz in Bern ankündete. Dabei soll insbesondere das Kostenwachstum in den Ergänzungsleistungen (EL) reduziert werden. Die EL werden bei Bedarf zusätzlich zu AHV und IV ausgerichtet. Die Vernehmlassung für diese geplante Reform ist seit Mittwoch 23. November geöffnet und dauert bis im März 2016.
Verbot des Kapitalbezugs
Die Reform sieht verschiedene Massnahmen zur Optimierung vor. Eine erste Massnahme ist die Einschränkung des heute zulässigen Kapitalbezugs aus der obligatorischen zweiten Säule. Dazu existieren zwei Varianten: Die erste erlaubt nur noch Rentenzahlungen – ein Kapitalbezug wäre komplett verboten. Die zweite Variante sieht vor, dass höchstens die Hälfte des privaten Guthabens in Kapitalform bezogen werden kann.
Für den Kapitalbezug zur Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit sieht der Bundesrat ein radikales Verbot vor. Es bestehe ein zu grosses Risiko, dass der Schritt in die Selbständigkeit nicht wie geplant laufe und dadurch das Vorsorgekapital verloren gehe. Die Kosten für das eingegangene Risiko des Jungunternehmers würden so auf die Allgemeinheit überwälzt, wenn wegen des Verlusts des Vorsorgekapitals, Ergänzungsleistungen bezogen werden müssten. Der Erwerb von Wohneigentum mit dem Kapital aus der zweiten Säule soll weiterhin möglich sein.
Kritische Stimmen
Die NZZ vom 16.11.2015 berichtet, dass der Schweizerische Arbeitgeberverband (SAV) Massnahmen unterstützen will, die zur Eindämmung des Missbrauchs beim Kapitalbezug beitragen. Dem Verbot des Kapitalbezugs für eine Unternehmensgründung steht der SAV kritisch gegenüber. Die Risiken sollten den „gesamtwirtschaftlichen Chancen und Vorteilen einer Firmengründung gegenübergestellt werden“. Laut NZZ vom 25.11.2015 hat ein Verbot des Kapitalbezugs nur geringe finanzielle Auswirkungen. Die Kosten für Bund und Kantone würden lediglich um 38 Millionen Franken reduziert.
Michele Blasucci vom Online-Gründerportal STARTUPS.CH sieht im Verbot des Kapitalbezugs ebenfalls eine empfindliche Einschränkung des Wirtschaftsstandortes Schweiz: „Es ist meines Erachtens falsch, dass man Neugründern die Möglichkeit des Pensionskassenbezuges nimmt. Oftmals ist der Bezug der Pensionskasse die einzige Möglichkeit, um überhaupt das Geschäfts starten zu können. Die Tatsache, dass gewisse Gründer scheitern und womöglich Zusatzleistungen des Bundes benötigen steht in keinem Verhältnis zu denjenigen Unternehmern, die ein Geschäft aufbauen, Arbeitsplätze schaffen und dadurch Mehreinnahmen für den Staat schaffen.
Die Streichung dieser Finanzierungsmöglichkeit führt zu einer Einengung der Wirtschaftsfreiheit und somit zu einer (unnötigen) Beraubung der Freiheitsrechte des Bürgers.“
» Beitrag 10vor10 zur Einschränkung des Kapitalbezugs aus der zweiten Säule vom 25.11.2015.