Interview mit Thomas Gerber, Leiter Vorsorge der AXA Schweiz: Wechsel von der Vollversicherung in die teilautonome Welt
Bei der beruflichen Vorsorge bietet die AXA neu teilautonome Versicherungslösungen an und ersetzt damit die Vollversicherung. STARTUPS.CH hat mit Thomas Gerber, Leiter Vorsorge der AXA Schweiz, gesprochen, um die Vor- und Nachteile des neuen Modells für Jungunternehmer und Jungunternehmerinnen zu erläutern.
Die AXA wechselt das BVG-Modell von der Vollversicherung zu teilautonomen Lösungen. Wieso hat man sich für diesen Schritt entschieden?
Das Preis-Leistungsverhältnis in der Vollversicherung ist in den letzten Jahren immer unvorteilhafter geworden. Aufgrund der tiefen Zinsen ist nur eine geringe Rendite möglich, und strenge regulatorische Vorgaben schränken in der Vollversicherung den Handlungsspielraum bei der Anlagestrategie ein. Zwar bietet die Vollversicherung jederzeit eine 100% Garantie, der Preis dafür ist aber eine sinkende Verzinsung der Altersguthaben, sinkende Renten und höhere Kosten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Kunden zahlen einen immer höheren Preis für immer weniger Leistung.
Als grösster KMU-Versicherer der Schweiz wollen wir dies ändern und nehmen unsere Verantwortung für eine stabile 2. Säule wahr. Deshalb haben wir für unsere Kunden ein neues, zukunftsgerichtetes Angebot entwickelt, das wieder ein gutes Preis-Leistungsverhältnis ermöglicht und eben auch nachhaltig ist.
Wo liegt denn der Unterschied zwischen Vollversicherung und teilautonomen Lösungen?
Teilautonome Pensionskassen sind freier in der Anlagestrategie und haben daher bessere Möglichkeiten, Ertragschancen für die Versicherten wahrzunehmen. Das kommt den Kunden und Versicherten zugute. Sie haben die Aussicht auf eine höhere Verzinsung der Altersguthaben und somit höhere Renten – und das zu einem günstigeren Preis. Unsere Kunden zahlen mit der neuen Lösung ab 2019 durchschnittlich 30 Prozent tiefere Risikoprämien.
Der Wechsel von der Vollversicherung zu teilautonomen BVG-Lösungen dürfte jedoch einige Jungunternehmer verunsichert haben. Ist die neue AXA BVG-Lösung auch für Neugründer empfehlenswert?
Ja, die teilautonome Lösung ist gerade auch für Start-ups eine gute Wahl. Denn in der 2. Säule öffnet sich seit Jahren eine Schere: Auf der einen Seite werden die Menschen immer älter, was zu länger dauernden Rentenverpflichtungen führt. Auf der anderen Seite schmälert das Tiefzinsumfeld die Erträge, die zur Finanzierung dieser Rentenleistungen notwendig wären. Um diese Lücke zu füllen, wird laufend Geld von den jüngeren Beitragszahlern zu den Pensionären umverteilt.
Diese Umverteilung von jüngeren Generationen zu älteren hat in den letzten Jahren gerade in der Vollversicherung markant zugenommen – allein bei der AXA belief sie sich zwischen 2012 und 2017 auf mehr als 3,4 Milliarden Franken. Das sind mehr als 1500 Franken pro Jahr, die den Berufstätigen auf ihrem Altersguthaben entgehen.
Mit der neuen teilautonomen Lösung kann diese Umverteilung deutlich reduziert werden. Der Wechsel lohnt sich für alle unsere Kunden, aber besonders auch für solche, die vorwiegend jüngere Mitarbeitende haben, wie das bei vielen Start-ups der Fall ist. Sie zahlen durch den Wechsel deutlich tieferen Risikoprämien, sparen also jedes Jahr bei den Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Beiträgen für die Pensionskasse, während sie gleichzeitig die Aussicht auf höhere Renten im Alter haben.
Was sind die Nachteile dieser Lösung?
In der Vollversicherung waren die Altersguthaben zu jeder Zeit zu 100% gedeckt. Das Risiko für die Kunden und ihre Versicherten, dass die Pensionskasse in Unterdeckung geraten könnte, war somit gleich null. Das ist in der teilautonomen Lösung nicht mehr so. Das Risiko einer längerfristigen Unterdeckung, die Sanierungsmassnahmen notwendig machen würde, ist bei einer soliden Führung der Stiftung und professioneller Anlageverwaltung jedoch gering, während das Potenzial für eine höhere Verzinsung und eine Stabilisierung der Altersvorsorge deutlich besser wird. Kunden und Versicherte haben längerfristig mehr davon, wenn ihre Altersguthaben ausreichend verzinst werden und der Umwandlungssatz stabil gehalten werden kann. Im Pensionsalter kann dies dank Zinseszinsen eine bis zu 20 Prozent höhere Rente bedeuten.
Wie sicher ist denn die neue BVG-Lösung der AXA?
Entscheidend ist der Deckungsgrad einer Pensionskasse. Liegt dieser bei 100% bedeutet das, dass die Pensionskasse alle Rentenverpflichtungen zu 100% erfüllen kann. Liegt der Deckungsgrad über 100%, heisst das, dass die Pensionskasse über Reserven verfügt. Damit die neuen AXA Stiftungen mit einem soliden Polster in die Teilautonomie starten können, überträgt ihnen die AXA zusätzliche Mittel in der Höhe von 3,5 Milliarden Franken, was einen mehr als soliden Deckungsgrad von 111% ermöglicht. Die solide finanzielle Ausstattung ermöglicht es den Stiftungen, Marktschwankungen über die Zeit auszugleichen und so das Risiko einer Unterdeckung weitgehend zu minimieren. Zudem verbleiben alle bestehenden Altersrentner bei der AXA, so dass die Stiftungen ohne laufende Rentenverpflichtungen starten können. Das ist ein grosser Vorteil und erhöht die Risikofähigkeit der Stiftungen zusätzlich. Damit bietet die neue Lösung weiterhin eine sehr hohe Sicherheit.
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