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Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebenden

Unter der Fürsorgepflicht wird die Pflicht des Arbeitgebenden zur Wahrung der berechtigten Interessen seiner Arbeitnehmenden verstanden. Im Gegenzug zur Treuepflicht der Arbeitnehmenden hat der Arbeitgebende diesen Fürsorge und Schutz zu gewähren.

Die Fürsorgepflicht verpflichtet den Arbeitgebenden zur Wahrung der berechtigten Interessen seiner Angestellten, insbesondere durch Gewährung von Fürsorge und Schutz. Sie ergänzt die Lohnzahlungspflicht als Hauptpflicht des Arbeitgebenden in Form verschiedener Nebenpflichten und bildet das Gegenstück zur Treuepflicht des Arbeitnehmenden. Zur Fürsorgepflicht gehören primär:

  • Pflicht zum allgemeinen Schutz der Persönlichkeit des Arbeitnehmenden (Art. 328 f. OR);
  • Pflicht zum Schutz von Daten des Arbeitnehmenden (Art. 328b OR i.V.m. Art. 1 ff. DSG);
  • Pflicht zur Gleichstellung der Geschlechter (Art. 1 ff. GlG);
  • Pflicht zur Gewährung von Freizeit, Ferien und Urlaub (Art. 329 ff. OR);
  • Pflicht zum Schutz des Vermögens des Arbeitnehmers hinsichtlich Arbeitsgeräten, Material, Auslagen und Kaution (Art. 327 ff. i.V.m. Art. 330 OR);
  • Pflicht zur Ausstellung eines Zeugnisses (Art. 330a OR); sowie
  • Pflicht zur Information über das Arbeitsverhältnis (Art. 330b OR).

Pflicht zum Persönlichkeitsschutz

Der Arbeitgebende hat im Rahmen des Anstellungsverhältnisses die Persönlichkeit des Arbeitnehmenden zu achten, auf dessen Gesundheit Rücksicht zu nehmen und für die Wahrung der Sittlichkeit zu sorgen. Allgemein gilt, dass der Arbeitgebende den Arbeitnehmenden vor Eingriffen anderer Mitarbeiter, Vorgesetzten und Dritten zu schützen hat. Insbesondere darf der Arbeitgebende den Arbeitnehmenden nicht in ein schlechtes Licht stellen oder gar Ehrverletzungen gegen diesen begehen.

Pflicht zum Datenschutz

Weiter hat der Arbeitgebende die Daten des Arbeitnehmenden zu schützen. Er darf diese nur bearbeiten, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrags erforderlich sind. Dabei finden die Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Datenschutz (Datenschutzgesetz, DSG) vom 19. Juni 1992 Anwendung.

Pflicht zur Gleichstellung

Die Gleichstellung der Geschlechter ist nicht nur in der Bundesverfassung verankert, sondern auch eine zentrale Pflicht des Arbeitgebenden. Im Kern handelt es sich um ein Diskriminierungsverbot, demzufolge Arbeitnehmende aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden dürfen. Der Arbeitgebende hat diesbezüglich das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Mann und Frau (Gleichstellungsgesetz, GlG) vom 24. März 1995 zu beachten.

Pflicht zur Gewährung von Freizeit, Ferien und Urlaub

Zu den Pflichten des Arbeitgebenden gehört es auch dem Arbeitnehmenden Freizeit in Form eines freien Tages pro Woche, Feiertagen sowie Zeit für persönliche Angelegenheiten und die Stellensuche zu gewähren. Gemäss den gesetzlichen Bestimmungen hat der Arbeitnehmende ausserdem in Abhängigkeit seines Alters einen Ferienanspruch. Schliesslich hat der Arbeitgebende dem Arbeitnehmenden auch Urlaub, beispielsweise für ausserschulische Jugendarbeit oder Mutterschaft, einzuräumen.

Pflicht zum Vermögensschutz

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebenden umfasst in einem gewissen Umfang auch den Schutz des Vermögens des Arbeitnehmenden. Neben den üblichen Sozialversicherungsleistungen sowie dem Erwerbsersatz hat der Arbeitgebende dem Arbeitnehmenden auch Arbeitsgeräte und Material zur Verfügung zu stellen sowie Spesen zu erstatten.

Pflicht zur Erstellung eines Zeugnisses

Der Arbeitnehmende hat Anspruch auf ein Zeugnis, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht. Das Zeugnis muss wohlwollend, wahr, vollständig und klar sein. Es ist schriftlich abzufassen und muss unterzeichnet werden. Auf besonderes Verlangen des Arbeitnehmenden hat der Arbeitgebende nur eine Bestätigung auszustellen.

Pflicht zur Information

Wurde das Anstellungsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen oder für mehr als einen Monat eingegangen, muss der Arbeitgebende den Arbeitnehmenden spätestens nach einem Monat schriftlich über die Namen der Vertragsparteien, das Datum des Beginns des Arbeitsverhältnisses, die Funktion des Arbeitnehmenden, den Lohn sowie allfällige Lohnzuschläge und die wöchentliche Arbeitszeit informieren.

Verletzung der Fürsorgepflicht

Die Sanktionsmöglichkeiten bei einer Verletzung der Fürsorgepflicht sind vielfältig. Folgende Optionen stehen dem Arbeitnehmenden zur Verfügung:

  • Kündigung: Der Arbeitnehmende kann das Anstellungsverhältnis ordentlich kündigen. Eine fristlose Auflösung ist nur bei schwerer Missachtung der Fürsorgepflicht, namentlich bei gravierenden Persönlichkeitsverletzungen, zulässig;
  • Verweigerung der Arbeitsleistung: Wird die Arbeitsleistung durch die Fürsorgepflichtverletzung unmöglich oder unzumutbar, kann der Arbeitnehmende deren Erbringung verweigern;
  • Schadenersatz- und Genugtuungspflicht: Der Arbeitgebende haftet nach den allgemeinen obligationenrechtlichen Bestimmungen für den durch die Missachtung der Fürsorgepflicht entstandenen Schaden. Neben Schadenersatz ist auch Genugtuung zu leisten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind;
  • Erfüllungszwang: Grundsätzlich steht dem Arbeitnehmenden die Möglichkeit der Leistungsklage mit anschliessender Zwangsvollstreckung zur Verfügung. Diese Option ist jedoch praktisch von geringer Bedeutung; und
  • Spezialgesetzliche Sanktionen: Je nach Art der Fürsorgepflichtverletzung greifen auch die besonderen Sanktionen des Datenschutzgesetzes oder des Gleichstellungsgesetzes.

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